Wir haben fünf Persönlichkeiten gebeten, ihren Hoffnungsträgerinnen und Hoffnungsträgern für das Jahr 2022 einen Brief zu schreiben – frei Schnauze.

Liebe Franziska

«Für die Ferien liest du vielleicht etwas Leichtes», schlug meine Freundin kürzlich vor, als ich euphorisch-überfordert durch die feministische Buchhandlung wuselte, und ich erst so: fuck, stimmt – aber dann so: nein, eh nöd!

Vielleicht geht es anderen Menschen ja auch so vor der Entscheidung, ein heavy Buch zu lesen. Also heavy nicht im Sinne von vielen Seiten, sondern heavy im Sinne von schwerer Kost. Wie etwa: Feminismus. Genauer: Sexismus. Hm, vielleicht eher was Leichtes?

Ich finde nicht, und drum schreib ich dir heute: Franziska, was du schreibst, das ist heavy, und wenn ich es lese, dann geht es mir deswegen nicht schlechter, sondern besser. Das mag auf den ersten Blick kontraintuitiv wirken, aber ergibt beim zweiten Hinsehen Sinn: Wenn ich feministische Autorinnen wie dich lese, fühle ich mich verstanden – nein: werde ich verstanden. Und verstehe wiederum selbst besser, was geschieht. Das ist der beste Nährboden für Ideen, was wir gegen Ungerechtigkeiten unternehmen können.

Wir, nicht nur ich.

Hey Franziska, ich schwör, dass dein aktuelles Buch grad so durch die Decke geht, lässt mich voller Zuversicht ins 2022 rutschen. Mit der Aussicht, dass ich weich landen werde, auf bestärkter, solidarischer und konstruktiver Wut von ganz vielen, bestenfalls ganz unterschiedlichen Menschen. Wie beim Stagediven.

2021 hab ich so viel rechte Hassrede abbekommen wie noch nie. Wenn ich ehrlich bin, machte mich das zeitweise recht ohnmächtig. Der Griff zu deinem Buch über rechte Rhetorik gab mir dann etwas Ermächtigung innerhalb der Ohnmacht zurück.

Fun fact: Das erste Mal gelesen hab ich jenes Buch ebenfalls mal in den Ferien, und danach fühlte ich mich so, hm, ja wie? Irgendwie so: parat. Jedenfalls parater, als wenn ich damals stattdessen einen kitschigen Jugendroman gelesen hätte. (Die lese ich natürlich auch gerne. Es gibt so schöne queere Jugendromane!)

Die Vorstellung, dass ich nicht die Einzige bin, die nach dem Lesen deiner Bücher stärker ist, diese Vorstellung gibt mir Hoffnung. Ich glaube eh nicht, dass irgendwer mit irgendwas «die Einzige» ist. Wir sind viele, und wie cool ist denn bitte das.

Wir sehen uns im 2022. Das Jahr wird vielleicht nicht leicht, aber wir lupfen ja gemeinsam.

<3, Anna